Konzert der Musikgemeinschaft
Ein heiterer Brahms als Saisonhöhepunkt
Musikgemeinschaft steigert sich von Spielzeit zu Spielzeit

MARL. Manchen Besucher des Sommerkonzerts mag der optische Auftritt des Orchesters der Musikgemeinschaft überrascht haben: Für die musizierenden Herren war "Marscherleichterung" gewährt worden und so erschienen sie hemdsärmelig und ohne Schlips!

Eine Auswirkung der Hemdsärmeligkeit auf das Musizieren, das von Spielzeit zu Spielzeit kontinuierlich an Niveau und Klasse gewinnt, war nicht auszumachen.

Mit Frische und Temperament wurde zu Beginn die Overtüre in C-Dur von Fanny Mendelssohn-Hensel angegangen. Temperament - es war die verbindende Klammer, die das interessante Programm des Abends zusammenhielt. Das einzige Werk der romantischen Kompnistin, die sehr im Schatten ihres Bruders Felix stand, wurde unter der inspirierenden Stabführung von Wolfgang Endrös, dem künstlerischen Leiter der Musikgemeinschaft Marl, zu einem wahrlich beschwingten Auftakt - mit viel Delikatesse von den Musikern präsentiert.

Nach diesem erfrischenden Auftakt betrat mit Gabriella Karácsonyi eine Pianistin von Rang das Podium des Theaters. Ihre Darbietung des in Fachkreisen hochgeschätzten Klavierkonzerts a-Moll von Clara Schumann überzeugte das Publikum. Das Werk besticht durch Originalität und hohe virtuose Anforderungen, die von Gabriella Karácsonyi wunderbar erfüllt wurden. Ein Höhepunkt des Klavierkonzerts: die erlesen gestaltete Romanze, die den zweiten Satz bildet und zunächst auf Orchesterbegleitung verzichtet. Erst gegen Ende dieses Mittelsatzes tritt ein Violincello solistisch hinzu, das seinen Part kongenial zu gestalten wusste. Nach dem schwungvollen Polonaisen-Thema springt der Funke über auf das Orchester und das Publikum, das rauschenden Beifall spendet.

Nach der Pause erklang Brahms zweite Symphonie, die in jugendlicher Frische daherkommt, lebensfroh, heiter und gelöst. Vor allem Hörner und Holzbläser absolvierten intonationssicher und prägnant ihre wichtigen Stellen. Wolfgang Endrös war in seinem Element: Wie er die thematischen Verschachtelungen der einzelnen Stimmen zu sinnfälligen musikalischen Verläufen ordnete, war schon ein Erlebnis.

Der zweite, langsame Satz, enthält durchaus heikle Stellen, was in einer kurzen Unsicherheit zwischen den Bläsern zu hören war. Im tänzerischen dritten Satz zeigten sich die Holzbläser in Höchstform. Brillant dann das Finale. Es gipfelt in einem Endtutti von unerhörter Vitalität, das das Orchester überzeugend und klangschön in voller Strahlkraft realisierte. Starker Schlussapplaus!


Quelle: Marler Zeitung/Medienhaus Bauer, 29.06.2016

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