Quelle: Marler Zeitung/Medienhaus Bauer, 01.05.2017 (Online-App)
Konzert der Musikgemeinschaft
Glanzlichter im Dunkeln
Musikgemeinschaft überzeugt mit Paulus-Oratorium - auch ohne Bühnenbeleuchtung
Von Stefan Pieper
MARL. Der Einführungsvortrag von Wolfgang Endrös zeugte von einem guten Händchen in
Sachen zeitgemäßer Musikvermittlung: Schauplatz des Oratoriums "Paulus"
von Felix Mendelssohn-Bartholdy ist Damaskus, ein Ort, der in der Geschichte und Gegenwart
gleichermaßen von Gewalt und religiösem Fanatismus gebeutelt wird.
Die biblische Geschichte vom Saulus, der zum Paulus wird, für neue Ideale eintritt und dafür von
Fanatikern gesteinigt wird, könnte die Erkenntnis zulassen: Früher war alles auch nicht besser.
Oder: Die Menschheit hat 2.000 Jahre später nichts dazu gelernt. Solche Gedanken begünstigen das
reflektierte Eintauchen in Mendelssohns Oratorium.
Die Musikgemeinschaft unter Wolfgang Endrös' Stabführung agierte mit respektvoller Disziplin, um
alle religiösen wie historischen Aspekte lebendig zu machen. Sauber intonierend brachte das Orchester
den musikalischen Fluss voran - aber hier wären noch impulsivere Momente denkbar gewesen! Der Chor ist
langjährig auf solche Materie eingeschworen und hat durch Wolfgang Endrös' Probenarbeit noch mehr
Feinschliff bekommen. Die Folge: Ein besonders tief berührender Höhepunkt ging aufs Konto der
Sängerinnen und Sänger der Musikgemeinschaft, nämlich der ergreifend getragene Choral "
Dir, Herr dir will ich mich ergeben".
Ein weiteres herausragendes Glanzlicht waren die Arien und Rezitative von Harald Martini. Schon längst
kein Unbekannter mehr bei den Musikgemeinschaftskonzerten, wuchs Martini an diesem Abend noch einmal über
sich hinaus! So voluminös und glasklar in den Höhen, mit tief berührender Wärme und
frappierender darstellerischer Ausdruckskraft hat wohl schon lange keiner mehr diese Parts gesungen.
Thomas Iwes' lyrischer Tenor setzte in seinen Rezitativen einen weichen, schlank timbrierenden Gegenpohl.
Sopranistin Stefanie Rodriguez sorgte mit hellem Ausdruck und guter Emphase für so manch dramatischen
Moment. Gerne mehr gehöhrt hätte man auch von Inga Schäfers sinnlichen Mezzosopran, aber
die Partitur setzt bekanntlich klare Vorgaben.
Ein Kritikpunkt: Die Bühnenausleuchtung an diesem Abend war schlichtweg eine Zumutung. Kurz nach
Beginn der Aufführung ging außerdem noch eine Scheinwerfergruppe einfach aus, so dass die
Solisten fast komplett im Dunkeln agierten. Das Marler Theater verfügt über eine gute Lichttechnik.
Auch ein Konzert der Musikgemeinschaft verdient, dass diese optimal und sorgsam vorbereitet zum Einsatz kommt!
Copyright 01.05.2017 Medienhaus Bauer
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